7.9.12

Luck favors the prepared


Wie geht's Euch, wenn Ihr Nachrichten hört? Wie reagierst Du auf 50% arbeitslose Jugendliche in Griechenland nebst zusammenbrechender griechischer Gesundheitsdienste? Spanien? Italien? Was macht der Bericht des Club of Rome mit Dir? Machst Du zu, weil alles irgendwie zu viel ist? Findest Du die Zeiten interessant? (Wie man von einem schönen chinesischen Fluch ableiten könnte.) Glaubst Du, dass alles besser oder schlechter wird? ...

(Ich bin im Übrigen äußerst betrübt, dass die Geschichten in letzter Zeit einen Hang ins Elementar-Existentielle haben, aber ich hab die Euro-Krise und den ganzen Finanzzirkus auch nicht erfunden! Und vor dem aktuellen Hintergrund schlichte und inspirierende Blümchen-Texte zu schreiben - das schaff ich einfach nicht.)

Jedenfalls. Es war von Luck die Rede und wie begünstigt man es? Wir sehen, wie so viele vor uns, einer Zukunft entgegen, die, wie es Zukünfte nun einmal so an sich haben, aufs Äußerste ungewiss ist. Wie für alle vor uns, ist unsere Zukunft einzigartig und hält einzigartige Herausforderungen für uns bereit. 

Luck favors the prepared (im Folgenden kurz LFTP) #1 - Wer zugibt, keine Ahnung zu haben, was kommt, hält sich geistig flexibel und schafft Raum für das Unbekannte.
Jetzt prepared: Wie bereite ich mich auf das Unbekannte vor, wenn ich es doch nicht kenne? Am besten fängt man da an, wo man ist, und da sehe ich eine Generation (die zwischen ca. 1950/1955 und 1990 geborene, also die jetzt hauptsächlich handlungsfähige), die milde formuliert in einer großen weichen Komfort-Zone aufgewachsen ist. Wir kennen keinen Mangel, keinen Hunger, wir fahren seit jeher Auto, haben Maschinen und leben allgemein sehr gemütlich. Böse könnte man sagen, wir sind verzogene Konsum-Weicheier, die zu raunzen anfangen, wenns ein bissibissi unangenehm wird, und zuallererst einmal an sich, an sich, wieder an sich und dann irgendwann an andere denken. Ist doch so! ;). Aber andererseits:

LFTP #2 - Wir sind die Generation, die am besten ausgestattet, am besten genährt und am besten gebildet von vielleicht allen Generationen seit jeher ist. Wir haben gut aufgeladene Batterien.
Im Moment tun wir uns schwer zu handeln. Wofür? Wogegen? Wir handeln ein bissi und kosmetisch, weil wir vielleicht brav und bio einkaufen, ab und zu einen Euro spenden und böses und kritisches Kabarett schauen (und recht lachen dabei). Aber vielleicht kommt Handeln erst später und es geht jetzt wirklich um die Vorbereitung. Vorbereiten heißt wahrscheinlich vielfältiges Wissen sammeln (und weniger, einen Bunker mit Dosen zu füllen, wie es in den Achtzigern schick war). Was müssen wir wissen?

LFTP #3 - Perspektiven schaffen für ein Leben mit weniger Geld und mehr Würde
Man muss, glaube ich, nicht besonders paranoid sein, um zu ahnen, dass der Überfluss, den wir gewohnt sind, so nicht ewig weiter gehen kann, Stichwort endende Rohstoffe und Energieressourcen. Was dann? Wenn von der Unterseite der Mittelschicht immer mehr in eine relative Armut purzeln (huch, die Unterschicht!), auch solche, die gebildet sind und jemand waren (Gott behüte, wir könnten auch darunter sein!), wie schaffen die (wir) es dann, nicht in das gesellschaftlich verordnete Loch zu fallen? Sich nicht zu schämen? Nicht das Märchen vom "Alle-können-es-zu-etwas-bringen-wenn-sie-sich-nur-ordentlich-plagen" zu glauben und am eigenen Versagen zugrunde zu gehen? 

LFTP #4 - Können und Wissen schaffen Lebensqualität (relativ) unabhängig von materiellem Wohlstand
Das Schlimmste ist wohl die Vorstellung unbeweglich den Umständen ausgeliefert zu sein. Ein Opfer sein, das nichts, aber auch gar nichts, tun kann, um seine Situation zu verbessern. Ärmer, älter, kränker zu werden. Je mehr ich aber kann, umso besser finde ich mich zurecht. Je mehr ich kann, umso mehr Menschen kann ich dieses Wissen weitergeben. Es geht hier um eine gewisse Unabhängigkeit von den Konsum-Kreisläufen, um Recyclen, Tauschkreise, funktionierende Netzwerke - mein Leben gestalten, nicht um es schicker und cooler zu machen, sondern weil es einfach nüchtern betrachtet - und zukunftsweisend - vernünftiger und widerstandsfähiger ist. 

LFTP #5 - Könnensliste für alle Fälle:
Kleidung nähen, umnähen oder mindestens reparieren
Stricken und häkeln
Kräuter und Gemüse ziehen, am Fensterbrett, Balkon oder im Garten
Heilkräuter kennen für einfache häusliche Krankheiten
Gesundheit selbständig erhalten
Schicke Frisuren schneiden
Wildgemüse kennen und zubereiten
Orientierung in der Natur
Holz machen und Einheizen, Feuer machen
Kochen, Backen (Brot), Essen haltbar machen
Rezepte erfinden
Interessante Geschenke machen, die wenig kosten
Feste mit Inhalt gestalten (die wenig kosten)
Spielzeug herstellen ohne Plastik und Chemie
Geschichten und Spiele erfinden
Singen und Musik machen
Möbel reparieren, umbauen oder bauen
(Einfache) Reparaturen an Elektrik und Installationen
Dinge entwerfen und planen - Kleidung, Einrichtung, berufliche Laufbahnen, Lebenswege, Projekte
Zeichnen und dreidimensional darstellen
Wohnraum gemäß den eigenen Bedürfnissen planen und umsetzen
Gute Freundschaften und stabile Familienbeziehungen pflegen
Aus Nichts Viel machen
Aus Vorhandenem etwas Neues machen
Diese Liste lässt sich ohne Weiteres erweitern und basiert auf einer einfachen Rückschau. Meine verehrte Großmutter hat mit leuchtenden Augen berichtet, wie sie als Jugendliche zwischen den Kriegen Theaterstücke geschrieben, inszeniert, die Kostüme geschneidert und aufgeführt haben. So schön wars offenbar ohne Fernseher! Aus den Kriegserzählungen derer vor uns wissen wir vom Leben ohne Strom, Brennesselsuppe, umgenähten Kleidern - besagte Großmutter hat in den Siebzigern noch selbstverständlich die durchgelegenen und in der Mitte fadenscheinigen Leintücher halbiert und andersrum wieder zusammengenäht.

LFTP #6 - Einen sanften Übergang mitgestalten
Welche Veränderungen auch immer kommen - die Variante, wo alles kracht und junge frustrierte Männer Autos anzünden oder Schlimmeres, oder ein langsamer Rückzug aus Konsumgier und Verschwendungssucht, oder gar noch ein Jahrzehnt von durchgepeitschtem, frohem Wirtschaftswachstum (grusel) - wir, und nicht zuletzt die Natur, die Tiere, Pflanzen, unsere Kinder und Enkel, werden von allem betroffen sein. Wie auch immer. Nutzen wir unsere - siehe oben - gut gefüllten Batterien und gestalten wir mit, wie es wird. Echtes Gestalten, nicht Dekoration. ;) Und wann immer es Zeit ist, wirklich zu handeln , werden wir es hoffentlich merken!

Luck favors the prepared #7 und Schlusswort - In Bereitschaft sein ist alles!
(aus dem Kreativstudio Newsletter Frühsommer 2012)

1 Kommentar:

  1. Herzlichen Dank für die immer treffenden guten Anregungen! Wie recht Du doch hast. Und es gibt schon eine ganze Menge Leute, die auch so denken.
    AngelikaG.

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